Digitaler Wandel betrifft uns alle – Interview zum Projekt DIGIT-AL

Preisträgerprojekt fordert Lernen über, für und durch die Digitalisierung.

Interview von Michael Marquardt (Nationalagentur beim BiBB) mit Nils-Eyk Zimmermann und Georg Pirker vom AdB in: Bildung für Europa Journal der Nationalen Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung 36/22.

Der digitale Wandel betrifft die ganze Gesellschaft und bringt neue Herausforderungen mit sich – in allen sozialen Rollen, in allen Alltagsfragen. Der Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB) hat sich darauf in der Erasmus+ Strategischen Partnerschaft DIGIT-AL konzentriert.


Warum haben Sie Ihr Projekt in der Erwachsenenbildung angesiedelt?

Unter anderem, weil Erwachsene wählen gehen! Es geht darum, Perspektiven von Berufsbildung, politischer Bildung und lebenslangem Lernen integrativ zu denken, Kompetenzen aufzubauen und Fragen der Bearbeitung aufzuwerfen. Digitalisierung betrifft Demokratie und Menschenrechte grundlegend und so war es uns wichtig, Anforderungen, aber auch Chancen in Erwachsenenbildung genauer in den Blick zu nehmen.

Welche Anforderungen sind das?

Viele Bildnerinnen und Bildner fühlen sich vom Thema gefordert oder überfordert: Es sei sehr komplex, technisch, immateriell – oder im Falle von Hate Speech und Fake News herausfordernd und negativ. In der Vermittlung und Bildung wird zudem stark auf Skills und Tools fokussiert – und auf Lernen unterstützt durch Digitalisierung. Das greift uns zu kurz.

Und die Potenziale?

Ein komplexes gesellschaftspolitisches Thema wie die Digitalisierung systematisch von seiner gesellschaftlichen Wirkung her begreifen und es pädagogisch bearbeitbar machen – damit hat politische Bildung ja viele Erfahrungen, etwa, wenn sie Klimawandel, Wirtschaft, Gerechtigkeit thematisiert. Wir finden, dass in ähnlicher Weise das größere Bild hinter Plattformen, Tools und digitalen Playern angeschaut werden sollte: Lernen über die digitale Transformation.

Gleichzeitig ist Digitalisierung nicht nur von oben gemacht und alternativlos, daher ist auch Lernen für die Digitalisierung wichtig.

Welche Bedeutung hat aktive Bürgerschaft und kritisches Denken?

Eine politische Bildung des Digitalen eröffnet die Möglichkeit, das Lernen über, durch und für Digitalisierung miteinander zu verknüpfen. Allerorts wird von Politik verlangt, Menschen auf die Transformation vorzubereiten, damit sie nicht zu sozialen und politischen Verwerfungen führt. Wenn wir anerkennen, dass wir schon längst im „Neuland“ leben, in der Postdigitalität, wird klar, dass Bildung und Engagementpolitik Menschen besser unterstützen müssten, ihre Vision vom Demokratischen der Digitalisierung erfolgreich einzubringen – Europa spielt hier eine maßgebliche Rolle.

Sie haben im Projekt einige Materialien entwickelt. Wie nutzbar sind diese für andere?

Wir haben uns bemüht, viele Perspektiven zu berücksichtigen und nutzbar für die Bildungspraxis und Bildungspolitik in der Bandbreite der Erwachsenenbildung zu machen. Von Berufsbildung über Bibliotheken, Volkshochschulen, Hochschulbildung und der Breite der außerschulischen Bildung benötigen wir einen solchen Austausch, denn zusammen erreichen wir ja Menschen in ihren ganz unterschiedlichen Lebenskontexten.

Sie haben 2021 den Grundtvig-Award der European Association for the Education of Adults (EAEA) erhalten. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie?

Erstmal ist das natürlich eine tolle Anerkennung und Unterstützung. Die Vielfalt der Praktiken, Erfahrungen und auch Ansätze wären in einem rein national fokussierten Projekt kaum ergründbar gewesen – wegen der unterschiedlichen Diskurse, Digitalpolitiken und Strukturen der Arbeitsfelder.

Die Fragen stellte Michael Marquart, NA beim BIBB.

PROJEKTINFO
Projekttitel: DIGIT-AL – Digital Transformation and Active Citizenship in Adult Learning
Projektnummer: 2019-1-DE02-KA204-006421
Laufzeit: 2019 – 2022
Koordinator: Arbeitskreis deutscher Bildungsstätten (AdB) e.V.
Partnerländer: BE, BG, EE, IT, LV, PT
Kontakt: Nils Zimmermann zimmermann@adb.de
Projektwebseite: https://www.dttools.eu